In dem Roman „Kind aller Länder“ geht es um die zehnjährige Kully, die aus ihrem Alltag im Exil berichtet. Die Eltern mussten mit ihr vor den Nationalsozialisten fliehen. Der Vater, ein Schriftsteller und Journalist, leidet unter Alkoholsucht. Trotz finanzieller Schwierigkeiten lebt die Familie nur in den besten Hotels, während der Vater nach Geldgebern sucht. Kully hat dies nicht anders kennengelernt, daher nennt sie es „schicksalsergebend“.
Kullys Mutter leidet wesentlich mehr unter der provisorischen Situation. Einmal gelingt es ihr, ihren Mann zu überreden, statt eines Hotelzimmers eine kleine Wohnung zu mieten. Ihr Mann lässt sie außerdem nur sehr ungern für ihn Texte tippen, da es ihn in seiner Ehre kränkt, wenn seine Frau arbeitet. Dies ist Kullys Mutter aufgrund der angespannte finanzielle Situation der Familie sehr unangenehm. Manchmal nimmt der Vater Kully zu „Bettelgesprächen“mit, der auf einen Mitleidsbonus hofft. Die Mutter unterrichtet die Tochter, da diese keine Schule besuchen kann.
Um den Alltag einer Zehnjährigen besser darstellen zu können, muss der Wortschatz, Satzbau und die Ausführlichkeit stark eingeschränkt werden. Irmgard Keun gelingt es, diese besondere Sprache authentisch und verständlich rüberzubringen, ohne dass Information oder Botschaften verloren gehen. Das gilt auch für die Handlungen der Erwachsenen, die aus der Sicht von Kully geschildert werden. Kully beschreibt diese oft treffend und dabei wertungsfrei und unvoreingenommen. Obwohl man meinen könnte, dass das Buch schnell langweilig werden könnte, ist es doch sehr anschaulich und interessant zu lesen, da man so einen anderen Blickwinkel auf historische Ereignisse und das Leben einer Zehnjährigen während des Krieges bekommt.