Antje Wagner: Hyde

Lesepunkte: 5 Punkte
AutorIn: Antje Wagner
Titel: Hyde
Verlag: Beltz, 2018 ISBN: 978-3-407-75435-6
Seiten: 408 Preis: 17,95 Euro
Altersempfehlung: ab 15 Jahren

Rezensiert von: Stefanie Wichtler, 10. Klasse [Alexander-von-Humboldt-Schule Aßlar; betreut von: Anke Paul]

„Hyde“ ist ein Roman von Antje Wagner und ist im Beltz & Gelberg Verlag erschienen.

In dem Buch wird das kürzlich 18 gewordene Mädchen Katrina begleitet. Sie nimmt den Leser/die Leserin in das Hier und Jetzt mit, schwelgt aber auch immer wieder in Erinnerungen aus ihrer Kindheit und Jugend. Die Geschichte handelt vermutlich zwischen 2000 und 2017, also in der heutigen Zeit.

Katrina ist mit ihrer Zwillingsschwester Zoe und ihrem Vater unter einfachen Verhältnissen im Wald aufgewachsen, und später nach „dem Unfall“ bzw. „der Gefangennahme“ lebte sie in einer kleinen „Muster-“ Vorstadt, bis sie dort die Reißleine zog und in ein Jugendwohnheim ging und sich schließlich auf die Walz auf machte, um ihren Plan auszuführen – was in der Handlungskette des Buches die Gegenwart ist.

Das Thema des Buches ist die Verarbeitung eines schweren Verlustes, Lügen über Lügen, Zweifel an der eigenen Identität und dem eigenen Handeln und erzählt, wie ein so junges Mädchen, Katrina, allein damit fertig wird.

Katrina lebt mit ihrem Vater und ihrer Schwester in einer kleinen Hütte im Wald. Sie bekommen Privatunterricht von ihrem Vater und lernen zusätzlich alles Überlebenswichtige in der Natur. Durch einen Waldbrand sterben Zoe und der Vater, nur Katrina überlebt schwer verwundet. Durch diesen „Unfall“ kommt heraus, dass Katrina mit 2 Jahren von ihrem Opa, ihr bekannt als „Papa“, entführt wurde und nach langer Genesungszeit zieht sie zu ihrer Mutter. Diese möchte, dass „Sabrina“, wie Katrina ursprünglich einmal hieß, ihr altes „asoziales Urmenschenleben“ hinter sich lässt und sich ihrer Familie und dem feinen Vorstadtleben anpasst. Nicht nur mit der nicht verständnisvollen Mutter hat Katrina zu kämpfen. Sie muss auch lernen, die Blicke und Sprüche der Leute auszuhalten und das Interesse der Median an „dem Entführungsopfer, welches vom eigenen Entführer nach 12 Jahren Zusammenleben mit erweitertem Suizid umgebracht werden sollte.“ Als sie herausfindet, dass ihr Vater bzw. Opa sie vor dem Leben bei der Mutter gerettet hat und die Mutter all die 12 Jahre Bescheid wusste, zieht sie in ein Wohnheim. Dort schmiedet sie einen Racheplan, um das Zuhause derer zu zerstören, die ihres zerstört hatten. Um diesen ausführen zu können, reist sie auf der Suche nach Jobs durchs Land.

Der Inhalt hat insgesamt keine Lücken. Ich kann das Leben von Katrina von Anfang bis in die Gegenwart gut nachvollziehen und in der richtigen zeitlichen Abfolge wiedergeben. Allerdings kann ich das erst jetzt, nachdem ich das Buch bis zum Schluss gelesen habe. Die Autorin springt oft zwischen den verschiedenen Zeiten. Mal ist Katrina in der Gegenwart, dann in der Zeit im Wald, dann wieder in der Gegenwart, dann in ihrem Leben bei der Mutter, dann im Jugendwohnheim, schließlich wieder im Wald und so weiter. Am Anfang versteht man also nicht alles, doch der Inhalt erschließt sich im Laufe des Buches. Die Handlung ist also wie ein großes Puzzle. Man bekommt verschiedene Puzzleteile an genau durchdachten, richtigen Stellen. Allerdings versteht man sie manchmal zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Aber je länger man liest, je mehr Puzzleteile man bekommt, desto mehr fügen sich die Einzelteile zu einem wunderschönen großen Bild zusammen.

Dieses Stilmittel hatte zur Folge, dass mein erster Eindruck, nachdem ich die ersten Kapitel gelesen hatte, nicht gut war. Doch von Kapitel zu Kapitel gefiel mir die Geschichte besser, weil sich die Puzzleteile zusammenfügten und man immer mehr von Katrinas Lebensgeschichte nachvollziehen konnte – am Ende war ich begeistert.

Der Inhalt ist bei den Erzählungen aus der Vergangenheit sehr realistisch, als hätte es wirklich so passieren können. Am Anfang ist auch Katrinas Gegenwart überaus realistisch dargestellt. Aber als sie im „Haus Waldkauz“ ankommt und beginnt, dort zu leben, wird es übernatürlich und es geht weiter weg von der Realität. Im Gegensatz zu dem sonst so realistischen Roman entsteht nun eher eine Fantasy-Geschichte.

Alles in allem ist „Hyde“ ein sehr gelungenes Buch. Ich kann es durchaus weiterempfehlen, allerdings gibt es ein kleines „aber“: Das Buch ist nicht für jeden etwas. Wenn man gerne liest, ist es ein super Buch, weil das Ende so wunderschön ist und die letzten Kapitel so spannend sind, dass man gar nicht mehr aufhören möchte zu lesen. Wer aber nicht gerne liest, muss erst einmal bis zu dem spannenden Teil durchhalten. In der ersten Hälfe war es so, dass ich mich wirklich von Kapitel zu Kapitel, von Seite zu Seite, von Abschnitt zu Abschnitt gequält habe, und dadurch auch über eine Woche dafür gebraucht habe. Aber die zweite Hälfe des Buches war so spannend und hat so viel Spaß gemacht, dass ich sie an einem Nachmittag durchgelesen habe und es keine Chance für mich gab, zu pausieren und die Lektüre später fortzusetzen. Ich finde es sehr schön, wenn hinter Büchern oder Filmen eine Aussage steckt und hinter diesem Buch steht eine „Message“, die für mich persönlich sehr wichtig ist und die ich sofort unterschreiben würde. Die Entwicklung, die Katrina in dem Buch durchmacht, hat mich sehr berührt. Und jetzt wo ich über das Buch schreibe und mir intensiver als nur beim Lesen Gedanken mache, wird mir umso bewusster, wie wichtig diese Entwicklung ist, und dass man sie manchmal vielleicht auf das eigene Leben anwenden kann, um sich ein kleines bisschen besser zu fühlen. Mein Fazit ist, dass die Message, die ich aus dem Buch gezogen habe, und der Schluss so schön sind, dass es sich mehr als lohnt die anfänglich schwer zu verstehenden und dadurch etwas zähen Seiten zu lesen.

Ich gebe dem Buch 5 von 5 Lesepunkten!

Empfohlene Zitierweise

Stefanie Wichtler, Rezension von: Antje Wagner: Hyde. In: LESEPUNKTE 2019, https://www.lesepunkte.de/rezensionen/antje-wagner-hyde
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