Sybille Engels und Cornelia Trischberger: Der Blaue Reiter

Lesepunkte: 4 Punkte
AutorIn: Sybille Engels und Cornelia Trischberger
Titel: Der Blaue Reiter (living_art)
Verlag: Prestel Verlag, 2007 (2. Auflage) ISBN: 978-3-7913-3190-4
Seiten: 125 Preis: 9,95 Euro
Altersempfehlung: ab 12 Jahren

Rezensiert von: Kathrin Vieregg, 11. Klasse [Gymnasium Bad Aibling; Betreut von: Andreas Legath]

„Der Blaue Reiter“ bietet in der Kunstgeschichte immer wieder Anlass zu neuen Betrachtungsweisen. Zu einem frischen Blick auf das Thema lädt uns der Kunstverlag Prestel mit dem Buch von Sybille Engels und Cornelia Trischberger ein.
Das Buch ist in sechs Abschnitte unterteilt, wobei die einzelnen Kapitel jeweils mit einer Doppelseite in kräftigen Farben beginnen. Freigestellte Schwarz-Weiß-Fotografien von Mitgliedern des Blauen Reiters stehen hier neben großen Zitaten derselben, auf den nachfolgenden Seiten werden die Aussagen dann in den Kontext gestellt – den LeserInnen wird dadurch die Bedeutung dahinter anschaulich näher gebracht.
Prägend für die Grundstimmung des gesamten Werkes sind ganz zweifellos die zahlreichen Abbildungen in hervorragender Druckqualität, ohne die die gesamte Lektüre bei LeserInnen mit geringem Vorwissen wohl wenig Sinn machen würde. Ob das Buch dem einzelnen dann letztendlich gefällt, hängt also womöglich mit davon ab, ob ihm die expressionistische Kunst grundsätzlich zusagt.
Aber bedarf Kunst dann überhaupt einer Erklärung? Oder sollte man ein Bild gänzlich unkommentiert auf sich wirken lassen? Vielleicht gilt das für eingeweihte KennerInnen, dem Kunstneuling jedoch zeigt ein Buch wie das vorliegende, wie wertvoll manche Hintergrundinformationen sein können. Die Malerpersönlichkeiten, die hinter den abstrakten Bildern stecken, werden näher vorgestellt, die Beziehungen der KünstlerInnen untereinander beschrieben. Dabei ist es zum Beispiel äußerst aufschlussreich, zu vergleichen, wie sich die jeweiligen momentanen Lebenssituationen in den Werken widerspiegeln. Damit sind allerdings nicht in erster Linie die Motive der Bilder gemeint, sondern vielmehr die Form der einzelnen Elemente, die Farbwahl und vor allem der „Ausdruck“ der gesamten Szenarien. Die Betrachtung eines Gemäldes und nicht zuletzt die Meinung über dieses verändert sich durch die neu eröffneten Blickwinkel teilweise grundlegend, was das Lesen der Erläuterungen der beiden Autorinnen unbedingt empfehlenswert macht.
Auch wer die heimischen Wände von keinem Kandinsky geschmückt sehen will, wird nach dem gegebenen Einblick in den Kreis um den Blauen Reiter doch eine gewisse Anerkennung empfinden. Die plastisch dargestellte Entwicklung der KünstlerInnen wird deutlich, allen voran die von Wassily Kandinsky. In dessen Werken werden die landschaftlichen Motive immer mehr von den freien Farben zurückgedrängt, seine abstrakte Kunst schafft sich ihre Ausdrucksformen selbst. [1] Die Texte im Buch sind verständlich formuliert und nachvollziehbar, die Wortwahl durchaus adäquat, wenn auch möglicherweise für ein jüngeres Publikum eher ungeeignet.
Es bedarf einiges an Feingefühl, um die komplexen Hintergründe der Werke und die abstrakten Gedanken der KünstlerInnen in Worte zu fassen – meiner Meinung nach ist dies den beiden Autorinnen aber durchwegs gelungen. Sorgfältig stellen sie die Beweggründe der KünstlerInnen dar, deren Verhalten und Schaffen dadurch menschlicher und verständlicher werden. So stecken etwa hinter gelben Kühen und roten Flecken weitaus mehr als ein tierliebender Soldat oder ein russischer Jurist mit einer satten Farbpalette in der Schreibtischschublade.
Als einziger Kritikpunkt wäre eventuell zu nennen, dass sich einige inhaltliche Wiederholungen finden lassen – dies ist im Zusammenhang aber nie nutzlos, insbesondere, wenn das Exemplar nicht chronologisch gelesen wird. Auch ohne jegliches Vorwissen wird so ein grundlegender Einstieg in die Kunst und das Leben von Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Franz Marc, Alexej Jawlensky, Marianne von Werefkin und August Macke ermöglicht.
Übersichtlich und modern gestaltet überzeugte mich persönlich das (fast) quadratische Werk von Sybille Engels und Cornelia Trischberger letztlich durch seine Anschaulichkeit und den umfassenden Einblick in die einprägsame Welt des „Blauen Reiters“, mit dem ich zurückblieb.
Anmerkung:
[1] Hajo Düchting: Wassily Kandinsky, München: Prestel Verlag: 2008.

Empfohlene Zitierweise

Kathrin Vieregg: Rezension von: Sybille Engels und Cornelia Trischberger: Der Blaue Reiter. In: LESEPUNKTE, URL: http://lesepunkte.uni-koeln.de/rezensionen/sybille-engels-und-cornelia-trischberger-der-blaue-reiter/
Bitte setzt beim Zitieren dieses Beitrags hinter der URL-Angabe in runden Klammern das Datum Eures letzten Besuchs dieser Online-Adresse.

Noch keine Kommentare bis jetzt

Einen Kommentar schreiben