Paul D. Bartsch: Große Brüder werfen lange Schatten

Lesepunkte: 3 Punkte
AutorIn: Paul D. Bartsch
Titel: Große Brüder werfen lange Schatten
Verlag: mitteldeutscher verlag, 2018 ISBN: 978-3-96311-026-9
Seiten: 160 Preis: 10,00 Euro
Altersempfehlung: ab 13 Jahren

Rezensiert von: Til Teitscheid, 9. Klasse [Freiherr-vom-Stein-Gymnasium Leverkusen; betreut von: Christoph Heckl]

Die Novelle „Große Brüder werfen lange Schatten“ von Paul D. Bartsch spielt im Frühjahr 1970 in der Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR.

Thomas Mertin und sein Freund Maikel Lohmann-Kirszenstein besuchen die erweiterte Oberschule einer Kleinstadt, in der sie u.a. über die Schlagzeilen der regionalen Tageszeitung „Neues Deutschland“ diskutieren. Außerhalb begeistern sie sich für die Musik des Deutschen Soldatensenders. Nach dem Ende der Winterferien erreicht ein Gerücht die ostdeutsche Provinz, demzufolge die englische Beatgruppe „The Hollies“ ein Konzert in Ost- Berlin geben würde. Informationsquelle sei eine Zeitschrift mit dem Namen „Bravo“, die vom Großvater des Schulschwarms Frauke nach Ostdeutschland geschmuggelt wurde. Hochgestimmt beschließen die Schüler selbst eine Band zu gründen, die „Charisma-Combo“. Doch Schule und Staat wollen dieses Projekt nicht gerade fördern. Maikel wird wegen des Fundes der „Bravo“ und einer englischen Hitliste zum Nachmittag der FDJ-Jugendgruppe geschickt. Probleme mit den großen Brüdern Jochen und Markus erleichtern die Situation der Schüler auch nicht gerade. Nun stellt sich die Frage, wie es mit ihrer Band weitergeht…

Um dem Leser einen Überblick über die Musik und die Künstler dieser Zeit zu verschaffen, sind hinten im Buch zahlreiche Soundtracks aufgezählt, die in der Novelle Erwähnung finden.

Für mich persönlich ist „Große Brüder werfen lange Schatten“ ein empfehlenswertes Buch. Es ist insbesondere für Jugendliche aus mehreren Aspekten interessant: Die Welt von Thomas ist im Vergleich zur heutigen eine andere, wie sicher jedem Leser und jeder Leserin auffällt. Es ist aufschlussreich, diese kennenzulernen seine Gedankenzüge zu begleiten. Wichtig für ihn ist das Musizieren, das Träumen und das Schreiben. Aus den kurzen Stichwörtern, die aus dem Bedürfnis entstanden, Wichtiges zu notieren, entwickelte er ausführlichere Texte, schließlich war er für die Lyrics der Charisma-Combo verantwortlich.

Weiterhin bekommt der Leser/die Leserin ein Bild von der damaligen Lage in den DDR-Kleinstädten, insbesondere in den Schulen. Der Staat greift zunehmend in das Geschehen ein und rückt die Staatsform ins rechte Licht. Trennende bzw. spaltende Vorhaben werden als positiv gewertet und so dargestellt (hochoffizieller/organisierter Grenzübergang als Zeichen der „Annerkennung des Staates“). Heute wird Eigeninitiative insbesondere von Jugendlichen gefördert, in der DDR wird sie kontrolliert, bzw. regimekonform gesteuert, was man an der ständigen Überwachung des Pfarrhauses Kirszenstein erkennen kann.

Zuletzt sei der Aspekt der Musik zu erwähnen, denn er spielt eine zentrale Rolle im Leben der Schüler. Dem staatlichen Kontrollzwang zum Trotz haben die Jugendlichen nicht aufgehört, Musik zu hören und zu machen, ihre Ideale weiterzuverfolgen und ihre Träume zu leben.

Damals wie heute gilt weltweit: Wer Menschen – vor allem junge Menschen – kontrolliert und überwacht, nimmt ihnen die Freiheit.

Ich gebe dem Buch 3 von 5 LESEPUNKTEN, da ich es für ein gutes, lesenswertes Buch halte.

Empfohlene Zitierweise

Til Teitscheid, Rezension von: Paul D. Bartsch: Große Brüder werfen lange Schatten. In: LESEPUNKTE 2019, https://www.lesepunkte.de/rezensionen/paul-d-bartsch-grosse-brueder-werfen-lange-schatten
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