„Das Leben verschiebt sich manchmal wie eine Kulisse, und man kann gar nichts dagegen tun, als mitzugehen in die neue Wirklichkeit, die die nächste Kulisse bietet.“
Der Thriller, mit einem Schwerpunkt auf Romance, „Hinter Glas“, von Julya Rabinowich, erzählt die Geschichte von Alice, die in der Schule die Rolle der Außenseiterin innehat. Sie wird von einer Freundesgruppe in ihrer Klasse gemobbt, sodass sie Angst hat, in die Schule zu gehen. Alice hat aber auch Angst zu Hause zu sein und die Hoffnung auf die „große Liebe“ aufgegeben. Ihre Familie ist vermögend und präsentiert eine scheinbar perfekte Familie, doch die Fassade trügt. Alice hält die Terrorisierungen ihres Großvaters nicht mehr aus. Dieser schikaniert Alice und ihre Eltern und vermindert insbesondere das Selbstwertgefühl seines Sohnes. Alices Vater tut alles dafür, um das „wohlgehütete Familiengeheimnis“ zu bewahren. Doch der scheinbar nie endende Kreislauf wird durchbrochen, als Alice eines Tages auf Niko trifft.
Gemeinsam mit Niko flieht sie von zu Hause. Zusammen erleben sie einen abenteuerlichen, nie enden wollenden Sommer. Doch ist Alice wirklich aus der Höhle des Löwen entkommen oder doch in die Schlangengrube gestürzt?
„Hinter Glas“ ist mit einer fesselnden Nähe aus Alices Sicht geschrieben. Doch man findet zwischendurch eine äußerlich erzählende Instanz. Diese scheint stets mehr über Alice zu wissen, als sie über sich selbst. Im Laufe des Buches rätselt man stets mit, um wen oder was es sich bei diesen Passagen handeln könnte. Durch diese erfährt man noch mehr von Alice und ihren Gefühlen. Da man nicht erfährt, um wen oder was es sich bei diesen Einschnitten handelt, klammert man sich fest an ihre Gefühle, da man ebenso wie sie, über die ganze Geschichte hinweg, auf die Wahrheit und eine sehnlichst erwünschte Lösung wartet. Ihre Gedanken wirken oft sehr tiefgründig und nachdenklich. Dadurch wird über alle Seiten hinweg eine nahezu poetische Spannung aufgebaut.
Das Buch ist in einer sehr authentischen, doch auch fesselnden Sprache geschrieben, wodurch man die Gefühle und Gedanken der Protagonistin auf berührende Weise mitbekommt und sich sehr gut in sie hineinversetzen kann. Die meisten Stellen ließen sich flüssig lesen, die komplexeren waren anfangs zwar etwas verwirrend, haben aber zum größten Teil die Dramatik und Spannung ausgemacht. So blieb man nah an der Protagonistin, sodass auch das Gefühl aufkam, man würde leichter durch die Zeilen kommen, in Zeiten, in denen es auch Alice besser ging und sie sich „leichter“ fühlte.
Insbesondere Cover, Titel und Geschichte sind wunderbar aufeinander abgestimmt. Anfangs verriet der Titel, auch in Kombination mit dem Cover, sehr wenig von der Geschichte. Doch mit der Spannung wuchs auch die Bedeutung des Titels. Gerade zum Plot Twist und zum Ende hin, ließ er einen berühren und erstaunen, besonders da man durch die äußerliche Instanz dem Rätsel schon immer weiter auf die Spur kam.
Die beiden Hauptprotagonisten sind komplex und haben ihre eigene, recht individuelle Geschichte. Gerade zum Ende hin erfährt man einen spannenden, doch auch schockierenden Part aus Alices Vergangenheit.
Für diese komplexe und tiefgründige Geschichte, kam das Ende jedoch recht plötzlich. Während Alice während des gesamten Buches immer mit ihren Gefühlen und Gedanken zu kämpfen hatte und keine Lösung wusste, entschied sich zum Ende hin alles recht zügig und die Lösung war schnell vorhanden. Dies passte letzten Endes nicht ganz zum Hauptteil. Des Weiteren verriet schon der Prolog eine der Wendungen, welche man sich durch diesen Ausschnitt schon vorstellen konnte.
Rabinowich erschuf mit „Hinter Glas“ einen spannenden und facettenreichen Thriller. Das Buch zeigt mit schonungsloser Wahrheit, dass eine Fassade immer einen Kern des Echten verbirgt, genau wie viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene dies tun. Das Buch regt zum Nachdenken und Beobachten an, denn jeder kennt jemanden „Hinter Glas“, wie auch immer man den Titel letzten Endes verstehen mag.
Ich würde das Buch für diejenigen empfehlen, die gerne tiefgründige Bücher und spannende Thriller lesen, sowie 13/14 Jahre alt sind.
Zusammenfassend gebe ich dem Buch 4 von 5 LESEPUNKTEN.