Das Buch ,,Um 180 Grad“ von Julia C. Werner aus dem Jahr 2020 aus dem Urachhaus-Verlag handelt vom 14-jährigen Jungen Lennard, der beim Graffiti-Sprühen erwischt wurde und nun als „Erziehungsmaßnahme“ in einem Altersheim einem alten Menschen einmal pro Woche vorlesen soll. Die Wahl fällt auf Frau Silberstein, weil sie sonst niemanden hat, der sie besucht.
Anfangs empfindet Lennard die wöchentlichen Besuche als Strafe und sitzt die Zeit dort ab. Doch dann trifft er auf das Mädchen Lea, und Frau Silberstein ist auch gar nicht so übel wie anfangs gedacht, die alte Dame erkennt doch relativ schnell, welche Gedanken in seinem Kopf umherirren. Lennard freut sich schließlich auf den Vorlesetag, schließlich möchte er die hübsche Lea näher kennenlernen. Von Frau Silberstein erfährt er über die Gräueltaten in den Konzentrationslagern des Zweiten Weltkriegs, und zwar oft mehr, als ihm teilweise lieb ist.
Das Buch zeigt deutlich, wie schwierig es ist, erwachsen zu werden. Zudem kann man bei Lennard sehr gut die Wandlung seiner Empfindungen mitverfolgen. Der Titel des Buches ist somit passend gewählt.
Zuerst erfährt man, dass Lennard mit seinem Kumpel an die Wand des Altenheims Grafitti sprühte und deshalb die Strafe auferlegt bekam, dorthin zu gehen. Dabei merkt man, dass er überhaupt keine Lust hat und es als unfair erachtet, schließlich müssen seine Freunde dies nicht machen. Nachdem er ein paar Mal bei Frau Silberstein war und merkt, dass sie ganz locker mit der Sache umgeht, fängt er an, sich mit ihr zu beschäftigen. Mit der Zeit empfindet er es nicht mehr als ganz so schlimm, wobei er die „Sache“ doch so schnell wie möglich hinter sich bringen möchte. Da trifft er zufällig auf das Mädchen Lea, die ihm auf Anhieb gefällt und versucht, mehr über sie herauszufinden. Durch die positive Aussicht im Altersheim auch Lea wieder zu treffen, fängt bei Lennard langsam die Wandlung an. Hilfe erhält er dabei unerwarteterweise von Frau Silberstein und so erfährt er immer weitere kleine Bruchstücke aus Leas Leben, aber auch aus der schrecklichen Vergangenheit der alten Dame.
Lennard steht oft im Widerspruch mit seinen Empfindungen und dem Bild, das er seiner Außenwelt eigentlich zeigen will. Schließlich ist es nicht gerade cool vor seinen Freunden und Eltern zuzugeben, dass er sich auf die Treffen inzwischen freut. Auch passieren ihm ein paar ungeschickte Sachen und er versucht, mit Hilfe seiner Freunde diese wieder gerade zu rücken. Dabei steht er öfters als Held da, obwohl er es selbst nicht so empfindet, da er die Wahrheit kennt und sich dabei schlecht fühlt.
Am Ende mag Lennard Frau Silberstein sehr gerne und macht mehr, als was von ihm erwartet wird. Durch die Besuche bei Frau Silberstein bekommt er eine neue Perspektive und sieht viele Dinge anders, was bei anderen auf Verwunderung, aber auch auf Anerkennung stößt.
Ich finde das Buch für Leser*innen ab 14 Jahre gut. Es ist leicht zu verstehen und dennoch behandelt es wichtige Themen, wie Empathie, Verantwortung, Hoffnung und Mut. Es weist darauf hin, die schlimmen Ereignisse der Vergangenheit nicht zu vergessen, nur weil man die betroffenen Menschen nicht kennt. Das Buch zeigt gut, wie wichtig es ist, dass niemals wieder die gleichen Fehler wie damals gemacht werden dürfen und alle die gleichen Rechte und Chancen haben. Außerdem behandelt es die Thematik der Altenpflege und ihre Schwierigkeiten.
Es wird deutlich, wie sehr sich Lennard verändert, außerdem bekommt man einen guten Einblick in die Emotionen der Charaktere, vor allem von Frau Silberstein.
Dennoch finde ich, dass die Geschichte am Anfang etwas schleppend beginnt und die spannende Vergangenheit von Frau Silberstein etwas zu kurz kam.
Alles in allem finde ich, dass es gut zu lesen ist und drei Punkte durchaus passend sind.