Aurora, Priesterin im Dienst der Gottheit Sol, zieht los, um den dämonischen Herrn der Käfer, Skaranok, zu töten und so die Stadt Hansewall von ihm zu befreien. Dafür ist sie bereit, alles zu opfern – ihr Leben und sogar ihre große Liebe. Sie erwacht jedoch am darauffolgenden Tag ohne Erinnerungen. Auf der Flucht vor den Unheiligen, Skaranoks Verehrern, läuft sie Kaz in die Arme, einer Seemöwe (Piratengruppe), die sie bei sich aufnimmt. Gemeinsam versuchen sie, die Wahrheit über die letzten Stunden herauszufinden. Dabei werden sie in einen Strudel aus Intrigen und Verrat hineingezogen, in dem sie niemandem vertrauen können. Bald müssen sie sich entscheiden, welche Seite sie wählen: Licht oder Dunkelheit?
Das Buch wird abwechselnd aus der Sicht dreier Frauen erzählt: Aurora, die nach ihrem Gedächtnisverlust den Namen Juna annimmt; Kaz, eine Seefahrerin, die ihr wahres Geschlecht verbirgt, da bei den Seemöwen, der Piratengruppe, keine Frauen erlaubt sind; und Nyx, einer Undine, die meerjungfrauenartige Meermenschen mit scharfen Zähnen und Krallen sind. Ein besonders wichtiger Nebencharakter ist Elian, Auroras Geliebter, für den Juna nach ihrem Gedächtnisverlust aber nichts mehr empfindet. Nyx hingegen hat ihm ihr Herz geschenkt, was Undinen bekanntermaßen nur einmal tun können, jedoch fühlt Elian ihr gegenüber nur Geschwisterliebe, da die beiden zusammen aufgezogen wurden.
Die Welt besteht aus der Stadt Hansewall, die zerrissen ist zwischen den Sanktinern – den Priestern des Lichts, die die Sonnengottheit Sol verehren – und den Unheiligen – den Dienern der Schatten, die den Dämonen Skaranok verehren. Zusätzlich gibt es noch das Meer, Heimat der Undinen, und die Freudeninsel, auf der Kaz für ein Viertel des Buches landet. Das Magiesystem ist gut durchdacht und hat mich sofort überzeugt.
Anfangs mochte ich Nyx nicht besonders, aber im Verlauf der Geschichte ist sie mir mit ihrer spitzen Zunge und scharfen Bemerkungen ans Herz gewachsen. Juna fand ich zuerst unnötig naiv und anhänglich, allerdings haben ihre Kräfte, die im Verlauf des Buches nach und nach enthüllt werden, dies wieder wettgemacht. Kaz ist eine typische Seefahrerin mit rauem Äußeren und einem weichen Kern. Sie und Juna kommen sich schnell näher, ihre Liebe gerät aber nicht penetrant in den Vordergrund, was ein Pluspunkt ist. Einige Nebencharaktere waren teilweise sehr nervig. Enttäuscht hat mich allerdings Skaranok, der Käfer-Dämon der Dunkelheit. Von ihm hätte ich mehr Erfahrung und Mystik im Auftreten und in Gesprächen erwartet, keine sarkastisch-kindischen Bemerkungen zu unpassenden Situationen. Sol hingegen hat mich überzeugt, und auch das Auftreten der Gottheit war – im Gegensatz zu Skaranoks – gut umgesetzt.
Insgesamt gab es immer wieder überraschende Wendungen, die die Spannung gut aufrechterhalten haben. Auch interessant war, wie am Ende die einzelnen Fäden zusammenliefen und ein großes Ganzes ergaben, nicht nur bei den Beziehungen der Charaktere, sondern auch bei den Ereignissen in Gegenwart und Vergangenheit. Das Ende an sich war kurz, aber abrundend; der abschließende Epilog aus Elians Sicht und der Ausgang der Geschichte zufriedenstellend.
Durch das ganze Buch hat man eine Art Film-Feeling, man wechselt von einem Ort zum nächsten, ein Ereignis jagt das andere, aber leider geht es viel zu schnell. Die Geschichte kann kaum seine Wirkung entfalten, man kommt nicht in die Tiefe und kann sich nicht richtig in die Charaktere hineinfühlen. Dadurch wirkt es leider sehr oberflächlich.
Insgesamt gebe ich „Aurora – das Flüstern der Schatten“ von Caroline Brinkmann 3 von 5 LESEPUNKTE.