Sind Menschen nicht einfach nur eine andere Art von Maschinen?“ (S.121)
Die Near Future-Dystopie „Der Riss in unserem Leben“ von Barry Jonsberg ist im Jahr 2022 vom Verlag cbj herausgegeben worden. Es geht um die Zwillinge Amy und Aiden Delatour, die eigentlich dafür bestimmt sind immer füreinander da zu sein.
In einer unter den Folgen des Klimawandels leidenden Welt, führen die Zwillinge Amanda und Aiden Delatour als Kinder einer hoch angesehenen Wissenschaftlerin, ein behütetes und privilegiertes Leben.
Eines Tages verletzt sich Aiden bei dem Versuch seine Schwester zu retten schwer. Amanda, alias Amy erkennt ihren Bruder von da an nicht mehr. Doch eigentlich sollten sie immer einander beschützen. Da sowohl Amy als auch Aiden immer in völligem Überfluss gelebt haben, haben beide nie die Probleme der Welt gesehen. Ihnen wurde nie die Wahrheit gezeigt. Sie wurden sehr stark verwöhnt. Vor allem die Mutter der beiden wollte nicht, dass sie von der Wahrheit etwas mitbekommen. Nach dem Unfall allerdings verändert sich Aiden sehr stark. Er bekommt mit, dass sie nie ein normales Leben geführt haben. Er stellt und beschäftigt sich mit vielen tiefgründigen Fragen und kommt der Wahrheit des Außenlebens, welches bislang vor ihnen geheim gehalten wurde, immer näher. Seine Persönlichkeit verändert sich dadurch sehr. Doch vor allem Amanda leidet darunter und sorgt sich sehr um ihren Bruder. So wird die anfangs abgehobene Amy immer sympathischer und bodenständiger. Beide kommen der Wahrheit langsam näher. Amanda fällt es allerdings sehr schwer mit dieser Situation klarzukommen. Sie will nicht sehen, wie grausam die Welt ist und hadert lange damit die Wahrheit zu akzeptieren.
Der Handlungszusammenhang ist überzeugend, intensiv und unvorhersehbar. Er enthält einige spannende Höhepunkte, doch es zieht sich manchmal durch viele Monologe und Gedanken in die Länge und wird dadurch etwas langweilig.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Amy, in der Ich-Perspektive, erzählt. Bemerkenswert ist, wie sich die Beziehung des Lesers zur Erzählerin im Laufe der Geschichte verändert. Zunächst hat Amy eine arrogante und abgehobene Art, während ihr Zwillingsbruder sehr bodenständig und fürsorglich ist. Nach dem folgenschweren Unfall wechseln beziehungsweise tauschen sie die Persönlichkeiten. Amanda wird immer netter und bodenständiger und Aiden vor allem reifer. Schön ist allerdings, dass egal was passiert, beide immer zusammenhalten.
Sprachlich ist das Buch sehr einfach zu verstehen und anschaulich geschrieben. Es wird nicht unbedingt spannend, dafür aber emotional erzählt.
Mir hat das Buch „Der Riss in unserem Leben“ sehr gut gefallen. Es spiegelt einige wichtige Themen und Probleme, die auch heutzutage relevant sind: Reichtum und Armut, Moral und Selbstbestimmung. Die hier gezeigte Zukunft ist zwar angsteinflößend, dennoch gut vorstellbar. Die dahintersteckende Botschaft des Autors, dass wir die
Wahrheit nicht sehen und uns vor dieser fürchten, bedient sich aus Platons Höhlengleichnis und regt sehr zum Nachdenken an.
Ich finde es gut, dass obwohl es überaus schwierige Themen sind, sie dennoch aus der Sicht von Kindern erzählt werden. Ich würde es für Jugendliche aber auch Erwachsene empfehlen. Man sollte sich auf jeden Fall auf langes Nachdenken, Überdenken und Reflektieren über die jetzige Welt freuen.
„(...) Fang mich auf, wenn ich falle.“ (S.274) -„Catch me if I fall“(Originaltitel)
Ich habe dieses Zitat als Schlusssatz gewählt, da es mich sehr berührt hat. Die Verbindung der Protagonisten im Buch war unbeschreiblich stark. Egal, was passierte, waren sie füreinander da und haben einander unterstützt. Wir alle brauchen manchmal jemanden, der uns unterstützt, wenn wir mal nicht weiter kommen.
Wir alle brauchen jemanden, der uns auffängt, wenn wir fallen...
Ich gebe dem Buch 4 von 5 möglichen LESEPUNKTEN.