Die Kölner Autorin Claudia Schreiber im Interview mit Schülerinnen der Liebfrauenschule Köln auf der lit.kid.cologne 2017

Die Kölner Autorin Claudia Schreiber im Interview mit Schülerinnen der Liebfrauenschule Köln auf der lit.kid.cologne 2017

„Solo für Clara“ kann man nicht nur lesen, sondern auch hören! (Claudia Schreiber)

Helene: Hallo Frau Schreiber, wir sind Nelly und Helene von der Liebfrauen – Schule und freuen uns sehr, dass wir Sie heute interviewen dürfen. Wir haben beide Ihren Roman "Solo für Clara" gelesen und er hat uns beiden sehr gut gefallen. Jetzt sind wir gespannt noch mehr von Ihnen zu erfahren.                                                                        

Helene: Wir haben gelesen, dass Sie schon in der dritten und vierten Klasse selber Geschichten geschrieben haben. Hatten Sie da schon den Wunsch Autorin zu werden?

Nein, das hätte ich mich nicht getraut. Diese Geschichten habe ich erzählt, weil es mir Spaß machte und weil ich durch diesen wunderbaren Lehrer, den ich damals hatte, Gelegenheit hatte, Quatsch zu erzählen. In meinem Elternhaus musste immer alles richtig sein, mir was auszudenken fand ich sehr toll. Es war ein „lügen“, das niemandem wehtat.

Helene: Haben Sie diese Geschichten auch schon aufgeschrieben?

Nein, nicht direkt. Unser Lehrer wollte immer, dass wir nach dem Wochenende erzählen, was wir erlebt haben. Ich bin in einer Gegend groß geworden, wo nichts passiert, niemals. Und da hatte natürlich auch niemand was zu erzählen, was wollte man denn auch sagen?! Es passierte ja auch nichts, die Eltern gingen nicht mit einem weg, alle blieben am Wochenende zu Hause. Darum habe ich angefangen, mir was auszudenken. Ich erzählte, dass ich mit einem Zug unterwegs gewesen sei etc., der Lehrer fand das gut und war zufrieden. Ich habe einfach erzählt, was ich gerne erlebt haben wollte. Aber aufschreiben?! Ich wusste nicht mal, dass man Bücher selber machen darf. Ich war ein kleines Mädchen.

Nelly: Sie haben Klavier und Geige gespielt. Spielen sie beides noch?

Geige leider nicht, aber Klavier noch immer. Ich spiele aber leider schrecklich schlecht. Deshalb habe ich ein Silent System. Aber vor allem, wenn ich Zuhörer habe, dann kann ich gar nicht spielen.

Aber ich habe diese Instrumente dann auch bei Clara gewählt, weil ich diese kenne.

Nelly: Wären Sie denn auch gerne Pianistin geworden?

Nein, ich wusste nicht mal, dass es Pianisten gibt. Ich war ein Bauernmädchen. Ich kannte einen Misthaufen, ich kannte viele Tiere, ich hatte fantastische Freunde, mit denen ich mich herrlich geprügelt habe. Ich wusste einfach nicht, dass es Pianisten gab, bloß Orgelspieler in der Kirche, die kannte ich. Wir gingen sonntags in den Gottesdienst und das war es.

Helene: Welche ist Ihre Lieblingsfigur aus dem Buch?

Das ist schon Clara, die Hauptfigur. Sie ist auch nicht immer nur eine Heldin oder toll. Ich wollte jemanden haben, der auch mal zickig ist oder blöd. Clara ist ja nicht immer nur eine Heldin, sie kann manchmal auch unangenehm sein.

Helene: Mögen Sie selbst denn lieber klassische Musik oder eher poppige Musik?

Ich mag sehr gerne klassische Musik und höre sie auch oft, aber sehr gerne mag ich Jazz. Das höre ich unglaublich gern. Aber es gibt so viele verschiedene Musikrichtungen, wie beispielsweise Gothic – Musik, das klingt für mich eigentlich nicht so schön und ich muss mich sehr daran gewöhnen, aber, wenn man ein wenig reinhört, dann bekommt man mit, warum manche Menschen das interessant finden, obwohl ich es selber nicht mag. Ganz allgemein finde ich es einfach interessant zu schauen, was es alles gibt und wie ich darauf reagiere.

Nelly: Warum war es Ihnen wichtig die QR-Codes in das Buch mit einzubinden?

„Solo für Clara“ kann man nicht nur lesen, sondern auch hören! Sobald Clara mit einem Musikstück zu tun hat, es einübt, es im Wettbewerb vorträgt, und so weiter, kann man durch die QR-Codes reinhören. H, das meinte sie mit schnellen Läufen. Oder so ist es, wenn jemand romantisch spielt.Es ist das erste Mal, das ein Buch so erklingen kann. Ich bin darüber sehr froh.

Nelly: Sie schreiben Ihre Bücher immer sehr besonders. Ihre Sätze enthalten niemals ein „und“. Warum ist das so?

Mit und passiert ja nichts. Was passiert bei und? Nichts. Und das liegt auch daran, dass ich meine Texte mehr höre, als dass ich sie schreibe. Ich schreibe auf Zunge, so nenne ich das. Ich schreibe also gerne so, als könnte der Leser mich hören. Beim Sprechen verenden wir auch nicht sehr viele und’s, es sei denn, uns fällt nichts mehr ein. Kleiner Tipp: Schreibt eure Aufsätze mit möglich wenig UNDs. Außer: Na und?!

Helene: Finden Sie denn selbst, dass Ihnen das Buch gut gelungen ist?

Naja, wenn ich die Wirkung höre, dann funktioniert es ganz gut. Ich prüfe aber auch vorab, ob mir ein Buch gelungen ist. Ich zeige meine Manuskripte ganz vielen Leuten, denen ich vertraue und frage Sie, ob sie beim Lesen etwas erleben, ob etwas langweilig ist, ob sie Fragen haben und vieles mehr. Ich habe sehr gute Freunde, die meine Texte vorab lesen. Sie dürfen mich gnadenlos kritisieren. Ich hatte einen alten Freund, der leider schon Tod ist, der sehr klug war und der hat meine ersten Texte gelesen, als ich richtig schreiben wollte. Damals war ich in Moskau und er war in Mainz. Er hat also meinen Text gelesen und mir einen Brief geschrieben, in dem er meinte: „Wenn der Text ein Pferd wäre, ich würde es erschießen“. Das war kein Kompliment (lacht), aber solche Menschen brauche ich, die mir sagen, das ist langweilig oder das bringt nichts. Dann gebe ich alles, um das Buch perfekt zu machen.

Helene: Sie haben gerade ja auch gesagt, dass Sie in Moskau gelebt haben. Sie waren dort, als Ihre Kinder noch sehr klein waren und haben da als Journalistin gearbeitet. Waren Sie dort mit der ganzen Familie?

Mein damaliger Mann, und der Papa meiner Söhne, wollte unbedingt nach Moskau und hat dann einen Sender gefunden, der ihm die Chance gab. Lukas war damals sechs Monate alt und Moritz viereinhalb, und ich habe mich um die beiden gekümmert, weil die Zeiten damals in Moskau eigenartig waren. Es gab zum Beispiel Geschäfte, in denen nichts drin war. Oder die falschen Sachen. Beim Bäcker gab es Rucksäcke und im Kindergarten Computer. Darüber habe ich im Radio berichtet und später mein erstes Buch geschrieben. Wer einmal damit anfängt, kann nicht mehr aufhören.

Helene: Sie selbst waren ja auch Journalistin und die Mutter von Clara ist auch Journalistin. Hat das etwas miteinander zu tun?

Die Mutter gleicht eher dem Papa meiner Kinder. Der ist so ein eifriger Journalist.

Helene: Mir gefällt es sehr gut, dass Sie das Ende sehr offen gestaltet haben, aber haben Sie sich auch überlegt, wie es mit Clara weitergehen könnte?

Nein, ich habe nur bis zum Ende gedacht. Ich finde ein Ende muss immer ein bisschen Luft haben, deshalb finde ich es so schön, dass ihr das so sagt. Manchmal ärgere ich mich auch bei richtig guten Büchern, dass man nicht weiter weiss, was passiert, aber dann liegt es am Leser und an der Leserin, dies zu tun.

Nelly: Würden Sie sich wünschen, dass jedes Kind ein Instrument spielt so wie Clara?

In Belgien, wo ich auch mal gelebt habe, war das im Hort der Kinder Pflicht. Jedes belgische Kind musste mindestens ein Jahr lang ein Instrument spielen. Egal, ob er oder sie es konnte, es musste wenigstens versucht werden. Das finde ich keine schlechte Idee.

Helene: Haben Ihre Kinder denn auch Klavier oder Geige gespielt?

Moritz war nicht interessiert, er wollte von klein auf Heiler werden und ist es auch geworden, er ist Physiotherapeut. Lukas macht Musik, er ist in einer Band, er spielt Gitarre und hat etwas Klavier gelernt. Seine Klavierlehrerin war heute in der Lesung.

Nelly: Denken Sie, dass Ihr Buch verfilmt wird?

Das wäre sehr schön.

Helene: Warum fangen Sie mit der 12-jährigen Clara an und nicht mit ihrer Geburt?

Wisst ihr, ich springe gerne in der Zeit herum. Wenn ihr jemanden kennenlernt, dann hört ihr ja auch mal was von damals oder hier oder heute etc. und dann fragst du ja auch mal, wie war das denn als Kind und das finde ich spannend. Das Chronologische finde ich nicht spannend. Ich muss meine LeserInnen ja auch erreichen. Mit meinem Buch habe ich nur ein bis zwei Seiten, um die zu gewinnen. Du schaust einmal rein und guckst und wenn du so ein bisschen Feuer gefangen hast, dann habe ich es geschafft. Wenn ich aber chronologisch beginne, gelingt das nur schwer.

Helene: Wann haben Sie ihr Buch geschrieben?

Ich habe 2012 angefangen und mindestens ein Jahr nur recherchiert. Also nur gesucht nach Geschichten, nach Leuten und kein Wort geschrieben. Ich habe Interviews gemacht, die dann aufgeschrieben und geschaut, wer was wie gesagt hat und dann habe ich ein großes Mosaik und daraus baue ich dann die Geschichte. Dann schreibe ich aber auch noch lange nicht, aber die Recherche war dieses Mal auch sehr lang. Für das eigentliche Schreiben habe ich dann auch noch einmal ca. 1 1/2 Jahre gebraucht. Nachdem das Buch fertig war, habe ich es aber auch noch Klavierlehrern gezeigt, damit die mir sagen konnten, ob alles richtig ist, denn ich will ja keine Fehler in meinem Buch haben.

Vielen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben und wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft und für Ihre weiteren Projekte.


Kurzbiographie:

Die Kölner Erfolgsautrorin ist in einem kleinen Dorf in Nordhessen geboren und aufgewachsen. Sie hat zwei Söhne und lebt und schreibt seit 1998 in Köln.


 

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Im Altes Pfandhaus in der Kölner Südstadt interviewten zwei Schülerinnen die Autorin Claudia Schreiber. Von links: Nelly Stach, Helene Trunk, Claudia Schreiber.

Das Interview wurde von der LESEPUNKTE-Redaktion für einen verbesserten Lesefluss gekürzt und an eine geschlechtergerechte Sprache angepasst.
 

Empfohlene Zitierweise

Interview mit Claudia Schreiber (Helene Trunk, Nelly Stach ): In: LESEPUNKTE 2017, URL: https://www.lesepunkte.de/interview/die-koelner-autorin-claudia-schreiber-im-interview-mit-schuelerinnen-der-liebfrauenschule-koeln-auf-der-lit-kid-cologne-2017/
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